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Mich selber besser kennenlernen



Unser Körper drückt unser Wesen aus; die Haltung verrät vieles über uns. Jemand mit Kummer und Sorgen geht nicht aufrecht; eine selbstbewusste Person nicht gebückt. Wohl sagt man: „Kleider machen Leute“, und diese Kleider prägen uns auch. Doch unter den Kleidern stecke ich. Ganz nackt, ganz bloß, ganz einfach.

Allen Menschen ist es gegeben, sich selbst zu erkennen und klug zu sein.
Heraklit

„Gnothe seauton – erkenne dich selbst“, forderte schon im antiken Griechenland eine Säuleninschrift die Besucher des Apollotempels in Delphi auf. Doch wie kann man sich überhaupt selbst kennen? Ohne es zu hinterfragen gehen wir davon aus, dass wir selbst unser einziger wahre Experte sind. Schließlich wissen nur wir allein, was in uns vorgeht, was wir fühlen, denken und empfinden.


Aber wie zutreffend ist dieser alleinige Blick von innen? Ist das, was ich von mir wahrnehme, tatsächlich identisch mit der Person, die ich bin? Bin ich vielleicht oft blind für meine Schwächen, oder sogar blind für meine Stärken? Gewährt möglicherweise der Blick von außen – der des Partners, der Freunde oder fremder Personen – eine unvoreingenommenere Sicht auf mein Selbst?


Inzwischen wurde nachgewiesen, dass wir uns keineswegs auf allen Gebieten von innen heraus selbst besser kennen, als dies unseren Mitmenschen mit ihrem unvoreingenommenen Blick von außen möglich ist: In mancherlei Hinsicht nehmen andere uns tatsächlich besser wahr, als wir selbst.
Wir sind immer dann die besseren Kenner unserer selbst, wenn es um Eigenschaften geht, die direkt mit unserem Erleben und Empfindungen zu tun haben, wie beispielsweise das Erleben von Freude, Traurigkeit oder Angst. Hier ist die innere Sicht, die Introspektion, der äußeren Beobachtung des Verhaltens und der Körpersprache absolut überlegen.


Geht es dagegen um Eigenschaften, die sich deutlich in unserem Verhalten spiegeln, ist die Fremdeinschätzung von anderen Menschen der eigenen Innensicht überlegen. Andere Mitmenschen können beispielsweise zutreffender beurteilen, wie extravertiert oder introvertiert wir in bestimmten Situationen sind, als wir das selbst tun können. Besonders bei Bereichen, die in irgendeiner Form bewertet werden, kommt eine Fremdeinschätzung der Realität deutlich näher: Andere Menschen können besser als wir selbst einschätzen, wie intelligent, kreativ oder attraktiv wir sind – oder auch nicht.


Diese blinden Flecken in der Selbstbeurteilung kann man darauf zurückführen, dass wir Menschen ein starkes Bedürfnis danach haben, uns selbst in einem positiveren Licht zu sehen.  
Bei jeder Arbeit an unserer Selbsterkenntnis gehört dazu, Gedanken, Gefühle und Verhalten zu integrieren. Ebenso gehört dazu, hinzuschauen, was Grundlagen und Prägungen unserer Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen aus unserer Vergangenheit sind.


 „Persönlichkeit ist nicht, wer man zu sein meint, sondern wer man ist. Manche Leute denken,
dass wir per Definition Experten unserer selbst sind, weil wir schließlich die Erzähler unserer Geschichte sind.
Doch Persönlichkeit ist nicht die Geschichte – sie ist die Realität.“
Simine Vazire


Auch wenn wir trotz der Arbeit an unserer Selbsterkenntnis immer noch, ohne bekleidet zu sein, nackt, bloß und einfach sein werden, und wir auch weiterhin durch unsere Kleidung „etwas hermachen“ können. Der Unterschied ist mit Arbeit an uns selbst, dass wir stabiler in unserer Welt stehen, bewusst unseren eigenen Platz ausfüllen, eine selbstbewusstere Ausstrahlung haben und selbstsicher in der eigenen Person fühlen werden. Ist das nicht ein Ziel, worum es sich lohnt, gemeinsam mit anderen Menschen an unserer Selbsterkenntnis zu arbeiten?


Hier erfahren Sie mehr über den nächsten Selbsterfahrungskurs.

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