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Die Geschichte vom Gartenzaun und unseren Grenzen

GartenzaunHast du auch einen „Gartenzaun“ um dein Leben, dein Wirken und Sein aufgestellt?
Ich beobachte häufiger bei Frauen, dass sie ein Leben führen, welches in sehr festen Bahnen, nach klaren Regeln und Prioritäten eingeteilt ist. Und diese Frauen und Männer suchen in sich doch so sehr nach Entfaltung.


Sie beginnen motiviert Dinge, versuchen etwas Neues und sind ganz entschlossen, dass jetzt wirklich zu tun. Dann merken sie, dass der Alltag doch schon so gefüllt und sie abends doch schon müde und erschöpft sind, dass sich „Baustellen“ auftauen, die noch vorher erledigt werden müssen, dass andere „Angebote“ kommen, was dann doch alles wieder auf- oder abhält. Und dann kümmern sie sich um all die Dinge, die noch vorher gemacht werden müssen.
Wenn dann alles fertig ist, erinnern sie sich: Da war doch noch etwas.
Aber jetzt sind sie müde und erschöpft, ausgelaugt und fertig mit sich und der Welt.

Kennst du das auch?
Dann schau mal genau hin: Welches Leben führst du?
Sind die Regeln, Werte und Prioritäten wirklich DEINE? Oder hast du sie übernommen?
Hinter welchem „Gartenzaun“ lebst du? Ist es dein Eigener?

Zugehörigkeit und Gemeinschaft sind Grundbedürfnisse, die wir alle haben. Leider empfinden viele einen Mangel an Verbundenheit und Zugehörigkeit, also werden sie aktiv, um dazuzugehören: Sie übernehmen Regeln, Werte, Ordnungen und Systeme von den Menschen, denen sie sich nahe fühlen. Was in jungen Jahren vollkommen in Ordnung ist. Als Kind/ Jugendlicher lernen wir durch abschauen und nachahmen von Vorbildpersonen: Eltern, Lehrern, engen Bezugspersonen. Damit bekommen wir als Kind/Jugendlicher ein Grundgerüst für unser Leben.
Mit fortschreitendem Alter und Lebenserfahrungen werden wir aufgefordert, unser Leben selbst zu gestalten. Nach unserem Bedürfnis, nach unseren Sehnsüchten und Bestrebungen.
Tragen wir jedoch diesen gefühlten Mangel an Verbundenheit weiter in uns und lernen dann einen neuen, uns wichtigen Menschen kennen, geschieht oft Folgendes: Wir wollen diesen Menschen halten und wichtig für ihn sein, so wie er für uns ist. Wir erinnern uns, dass wir nachahmen und abschauen können und passen unser Leben nun den Normen des anderen an. Um weiterhin dazuzugehören, gemocht zu werden, verbunden zu sein. Wir errichten einen Gartenzaun. Er gibt uns Halt und Struktur, beinhaltet die Regeln, Werte und Normen, die nun übernommen werden. Aus einem Mangelgefühl heraus.
Das geht oft eine ganze Weile gut. Es gibt ja auch viel im Garten zu tun.

Bis man spürt – das ist gar nicht MEIN Garten und auch nicht MEIN Gartenzaun.

Und das sind oft ganz ernüchternde Gefühle: Das ist gar nicht MEIN Garten und nicht MEIN Gartenzaun. Dann werden ganz viele Dinge infrage gestellt. Für manche fühlt es sich wie ein „aufwachen“ an oder auch ein „das kann doch nicht wahr sein“.

Egal, nicht im Alten verharren. Das Leben ist lebendig. Es kann ein wunderbarer Neuanfang sein und werden!
Dazu muss gar nicht alles plattgewalzt werden. Hinschauen, was ist gut und richtig, was gefällt mir in diesem Garten und was möchte ich in meinen Garten mitnehmen?
Wenn ich Stück für Stück diesen Gartenzaun ansehe, welche Teile möchte ich jetzt austauschen, weglegen, erneuern?
Bin ich bereit, einen Teil ganz zu öffnen, um Neues zuzulassen: Das es hineinkommen kann und das anders oder du selbst hinausgehen kannst?
Wie viel Halt, Struktur und Verbundenheit brauchst du heute und für deine Zukunft?
Wie viel Freiheit, Ausdehnung und Rückzug ist Teil von deinem Streben?
Wenn du deinen „Garten“ gestaltest, was ist dir wichtig? Wie sieht es aus? Welche Ecken und Winkel gibt es? Wie sieht dein Gartenzaun aus?


Mein Garten ist inzwischen sehr lebendig. Früher war er sehr festgelegt und ordentlich. Heute spüre ich, dass mein Garten mit mir wächst und manchmal auch schrumpft, je nachdem, wie es mir gerade geht oder worauf ich mich gerade ausrichte. Das Schrumpfen tut mir nie lange gut, weil es mich schnell einengt, beklommen macht oder die Sicht versperrt. Also schau ich wieder intensiver hin und erkenne, wenn ich wieder irgendwo feststecke. Dann heißt es: Ran an die Gartenarbeit!

Am Spannendsten finde ich immer wieder das Feststellen, wo ich selbst meinen Gartenzaun so gesetzt habe, dass ich meine Weitsicht verliere, keinen Durchblick lasse, mich so begrenze, dass ich Mut oder Neugier verliere oder ihn eng stelle, weil ich einfach ängstlich oder verzagt bin.

Dann hilft mir das tatsächliche Bild meines Gartens: Mit Blumen, Vögeln, Wegen, Oasen, blauem Himmel, Bäumen, ein Bächlein, vielen bunten Farben und ich stelle mir vor, wie ich mich wohlfühle, ich Halt und Sicherheit schon habe, sowohl Stabilität als auch Wandel erlebe und das sogar ein Hüttchen da ist, wenn es mal Regen oder Sturm gibt. Und ich weiß, ich kann hierher immer zurückkommen, selbst wenn ich meinen Gartenzaun öffne oder so weit wegstelle, dass er gerade mal nicht sichtbar ist und Weite grenzenlos wird.

Alles fließt, alles wächst, gedeiht und vergeht. So ist mein Leben und so ist mein Garten. Wie schaut es bei dir aus? Ich freue mich, wenn du mir davon erzählst.

 

Bildnachweis: K. Stavenhagen